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Ida von Lüttichau (1798 - 1856)

Ida von Lüttichau (geb. von Knobelsdorff) war verheiratet mit dem Ulbersdorfer Rittergutsbesitzer Wolf Adolf August von Lüttichau. Dieser, ursprünglich Forstmeister, wurde 1824 überraschend Generalintendant des Sächsischen Hoftheaters Dresden (einschließlich Oper und Orchester). Ida war bereits seit der Jugend außergewöhnlich vielseitig gebildet und philosophisch, künstlerisch und literarisch interessiert. Offiziell zwar jetzt nur Gattin des Generaldirektors, nahm sie „hinter den Kulissen" nun jedoch 30 Jahre lang erheblich Einfluss auf die künstlerische Entwicklung rund um Hoftheater und Hofoper. Auch darüber hinaus spielte sie eine bedeutende Rolle im Dresdner Kulturleben des Vormärz.

MEHR ÜBER IDA V. LÜTTICHAU

Unter dem Titel „Wahrheit der Seele – Ida von Lüttichau (1798-1856)“ gibt Mondrian W. Graf von Lüttichau Einblicke in das Leben seiner bekannten Vorfahrin. Die Publikation steht online kostenfrei zum Download bereit.

 

Ida v. Lüttichau

Dokumentiert ist ihr Austausch mit Carl Maria von Weber, Richard Wagner, Ludwig und Dorothea von Tieck, Carl Gustav Carus, Eduard Devrient, Karl Gutzkow, Sarah Austin, Bernhard von Lindenau, Friedrich von Raumer, Franziska und Hans von Bülow sowie anderen. Bedeutsam wurde Ida von Lüttichau auch als selbstbewusste, sensible Vermittlerin bei teilweise erheblichen Konflikten von Künstlerpersönlichkeiten untereinander sowie mit ihrem Ehemann, der seine Funktion wohl vorrangig als Verwaltungstätigkeit im Interesse des sächsischen Hofes verstand. 
Ida von Lüttichau hatte eine labile Gesundheit. Auch der frühe Tod ihrer drei ersten Kinder belastete sie sehr. Häufig zog sie sich für Wochen auf den Lüttichau'schen Familiensitz in Ulbersdorf zurück, „meinem Pathmos, – um mich wieder in meine Traum-Welt zu vertiefen" (Brief an F. von Raumer). Hier fand sie Ruhe zu literarischen, psychologischen und philosophisch-religiösen Studien. Sie hielt ihre Gedanken in Tagebüchern fest und führte eine umfangreiche Korrespondenz (in mehreren Sprachen) mit Freunden. Fachlich besonders bedeutsam wurde Idas freundschaftlicher Austausch mit dem Dresdner Arzt und Universalgelehrten Carl Gustav Carus, der als einer der Begründer der Tiefenpsychologie gilt.
Trotz vieler entsprechender Bitten lehnte Ida von Lüttichau eigene Publikationen ab und sprach sogar den Wunsch aus, dass ihre Aufzeichnungen nach dem Tod vernichtet werden sollten. Grund war eventuell die Sorge, in Konkurrenz zur öffentlichen Position ihres Gatten zu treten, aber auch zunehmende Resignation, nachdem die Revolution von 1848/49 in Blutvergießen, Zerstörung, Parteiengerangel und neuen reaktionären Tendenzen endete.

Nach ihrem Tod am 1. Februar 1856 sammelte Elisabeth Le Maître im Freundeskreis Zitate von Ida und Erinnerungen an sie und gab diese zusammen mit einem sensiblen biografischen Lebensbild der Freundin im Selbstverlag heraus. Später nahm Carl Gustav Carus Briefpassagen in seine Werke auf. Der bedeutende Bildhauer Ernst Rietschel schuf eine Gips- sowie eine Marmorbüste von Ida. Einiges von und über Ida wurde in den folgenden Jahrzehnten an unterschiedlichen Stellen veröffentlicht. – Ganz vergessen war Ida von Lüttichau zu keiner Zeit, aber kaum jemand wusste mehr als ihren Namen. Eine Diplomarbeit an der Dresdner Musikhochschule wurde 1998 zur ersten selbständigen biografischen Arbeit über Ida seit über 100 Jahren. Mit einem Kapitel innerhalb einer medizinhistorischen Dissertation zu Carus ging die Wiederentdeckung weiter.

Diese Büste, eine der wenigen noch erhaltenen Abbildungen von Ida von Lüttichau, schuf kein Geringerer als der Schöpfer des Goethe-Schiller- Denkmals in Weimar – der Pulsnitzer Bildhauer Ernst Rietschel. (Ernst Rietschel (1804-1861): Ida von Lüttichau, 1857/58. Originalgips, 53,5 x 41 x 22 cm, Inv.-Nr. ASN 983 (Abg.-ZV 4086). 1889 mit dem Rietschel-Museum an die Skulpturensammlung überwiesen. © Skulpturensammlung, Staatliche Kunstsammlungen Dresden)

 

Inzwischen sind die allermeisten verstreut veröffentlichten Texte von Ida sowie Erinnerungen an sie in einer Onlinepublikation zusammengefasst worden. Hunderte von Tagebuchseiten sowie Briefe haben sich in Archiven gefunden und sollen im Laufe der Zeit erstmalig veröffentlicht werden. In Dresden, wo es bis 1945 eine Lüttichaustraße gab, ist die Benennung einer Straße nach Ida von Lüttichau vorgesehen. Am Ulbersdorfer Schloss erinnert eine Gedenktafel an sie.


Es zeigt sich, dass diese halbvergessene Repräsentantin der deutschen Romantik keineswegs nur eine Begleiterin bedeutender Männer war. Ida von Lüttichaus Aufzeichnungen geben Zeugnis ihres besonnenen Nachdenkens und Formulierens im Bemühen um Achtsamkeit und feinste Lebensregungen bei sich und anderen. Darin kann sie gerade uns heute Orientierung und Vorbild sein zu menschenwürdigem Leben – gegen Zerstörungen sozialer Beziehungen und der Natur.

 

Text & Bildmaterial: Mondrian W. Graf von Lüttichau

Literatur:
Wahrheit der Seele – Ida v. Lüttichau (1798-1856), Leipzig 2010.
Wahrheit der Seele - Ida v. Lüttichau (1798-1856). Ergänzungsband, erscheint 2015.